Liebes Träumerli
Diese wunderschöne
Erzählung passend für die Weihnachtsfesttage,
da wir uns anscheinend
zu Mittag nur - und wie jedes Jahr als Tradition
einen Gänsebraten
vorstellen können, fand ich diese Geschichte
zu entzückend,
rührend als daß ich diese nur für andere Leserträumerli
zum Nachdenken
und Schmunzeln in
- http://www.feierabend.com/ -
belassen konnte.
Sie ist nach einer
wahren Begebenheit und so liebreizend geschrieben
von
Maria Branowitz
für diese ich
ihr unbekannterweise sehr dankbar bin.
Hoffe sehr,
Maria Branowitz nimmt es mir
nicht übel, daß ich ihr
Erlebnis auch
hier veröffentliche!
Denke die Geschichte wird auch dir gefallen:-)
Die Weihnachtsgans
Im
allgemeinen pflege ich nicht die Vergangenheit aufzuwärmen,
doch
als ich jetzt in den
Schaufenstern
die Weihnachtsgänse liegen sah,
fiel
mir
ein Erlebnis ein, das sich zu erzählen lohnt,
obgleich
es schon über vierzig Jahre zurückliegt.
In
einem Vorort von Mainz lebten zwei nette
alte
Damen.
Es
war schwer, sich Weihnachten einen wirklichen Festbraten zu verschaffen.
Nun
hatte die eine der Damen die Möglichkeit, auf dem Land gegen allerlei Textilien
eine wohl noch magere, aber springlebendige Gans einzuhandeln. In einem Korb verpackt, brachte die Dame - nennen wir
sie Fräulein Agathe -
das
Tier nach Hause.
Dort
begannen sofort Agathe und Schwester Emmi das Tier zu füttern und
zu pflegen. Die beiden Damen wohnten in einem Mietshaus im zweiten Stock, niemand im Hause wusste davon,
dass in einem der großen Wohnräume der Schwestern ein
Federvieh hauste,
das
verwöhnt und großgezogen wurde.
Agathe
und Emmi beschlossen feierlich, keinem einzigen Menschen
jemals
davon zu erzählen und zwar aus zweierlei Gründen:
Erstens
gab es Neider und zweitens wollten die Damen um nichts in der Welt
mit
irgendeinem nahen oder weiteren Verwandten die später möglicherweise
nudelfett
gewordene und dann gebratene Gans teilen.
Deshalb
empfingen sie auch sechs Wochen lang,
bis
zum 24.Dezember keinen einzigen Besuch.
Sie
lebten nur für die Gans.
Und
so kam der Morgen des 23. Dezember heran.
Es
war ein strahlender Wintertag.
Die
ahnungslose Gans stolzierte vergnügt von der Küche aus zu ihrem
Körbchen in das Schlafzimmer der beiden Schwestern und begrüßte sie zärtlich
schnatternd.
Die
beiden Damen vermieden es, sich anzusehen.
Nicht,
weil sie böse aufeinander waren, sondern - nun,
weil eben keine von
ihnen die Gans schlachten wollte.
"Du
musst es tun!" sagte Agathe, sprach's, stieg aus dem Bett,
zog
sich rasch an, nahm eine Einkaufstasche,
überhörte
den stürmischen Protest und verließ in rasender Eile die Wohnung.
Was
sollte Emma tun? Sie murrte vor sich hin, dachte darüber nach,
ob
sie vielleicht einen Nachbarn bitten sollte, der Gans den Garaus zu machen, aber
- wie schon erwähnt hätte man dann eben einen großen Teil von dem
gebratenen
Vogel abgeben müssen. Also schritt Emma zur Tat, nicht ohne dabei wild zu schluchzen.
Als Agathe nach geraumer Zeit wiederkehrte, lag die Gans auf dem Küchentisch,
ihr langer Hals hing wehmütig pendelnd herunter. Blut war keines zu sehen, aber dafür alsbald zwei liebe alte Damen,
die sich schluchzend umschlungen hielten.
"Wie...
.Wie ...,“ schluchzte Agathe, „hast Du es gemacht?“
"Mit...
. mit... . Veronal!" weinte Emma.
"Ich
hab' ihr einige Deiner Schlafpulver auf einmal gegeben,
jetzt
ist sie... huhuhu... rupfen musst du sie... huuuu...".
Nachdem
sich die beiden engumschlungen auf einem Sofa sitzend ausgeweint hatten,
raffte sich Agathe auf und begann, den noch warmen Vogel systematisch
zu rupfen. Federchen auf Federchen schwebte in eine Papiertüte, die - die unentwegt weinende Emma hielt.
Zum Ausnehmen aber konnte sich keine entscheiden, so kam man überein, da
es mittlerweile spätabends geworden war, das Ausnehmen der Gans auf den nächsten Tag zu verschieben.
Am
zeitigen Morgen wurden Agathe und Emma geweckt.
Mit
einem Ruck setzten sich die beiden Damen gleichzeitig im Bett auf und
stierten
mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern
auf
die nachts offen gebliebene Küchentür.
Hereinspazierte,
zärtlich schnatternd, wenn auch zitternd und frierend,
die
gerupfte Gans!
Bitte, es ist wirklich war! Es kommt nämlich noch besser.
Als ich am Weihnachtsabend zu den beiden alten Damen kam,
um
ihnen noch rasch zwei kleine Päckchen zu bringen, kam mir ein vergnügt schnatterndes
Tier entgegen, das ich nur des Kopfes wegen als Gans ansprechen konnte. Denn das ganze Vieh steckte in einem liebevoll gestrickten Pullover,
den die beiden Damen in rasender Eile für ihren Liebling gefertigt hatten.
Ich habe diese Geschichte, gleich nachdem sie passierte, im Rundfunk erzählt.
Wahre Scharen pilgerten damals hinaus nach dem Vorort, um die Pullovergans zu sehen.
Sie lebte ganze sieben Jahre. Dann starb sie eines natürlichen Todes.
Heftig betrauert von den
beiden Schwestern,
die von einem Gänsebraten nie wieder etwas wissen wollten.
Liebes Träumerli, man soll ja dem Leib was Gutes bieten damit die Seele
auch gerne drin wohnen mag. Aber muß es denn immer zur Weihnachtszeit so ein niedliches Trudchen geben???
Dennoch wünsche ich Dir von Herzen
Bildgestaltung und Design
1999 - 2012 © by Chr.Vivien
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