Willkommen im Band Vier
Der
Minister zur Rechten Abe
no Mimuraji war sehr
vermögend
und gehörte zu einer Familie mit weitreichenden
Beziehungen.
So schrieb er denn einen Brief an einen Mann namens Wang Hi,
der
in jenem Jahr mit einem chinesischen Handelsschiff da
gewesen
war, und bestellte bei ihm solch ein Fell der Feuerratte.
Der
Minister Abe wählte unter seinen Gefolgsleuten einen ergebenen Diener
aus
und
schickte ihn mit dem Brief und etwas
Gold
zu Wang Hi nach China.
Wang
Hi entrollte das Schreiben,
las
es und schrieb als erste Antwort:
„Das
Fell der Feuerratte gehört zu den Dingen, die nicht aus China kommen.
Ich
habe wohl da von reden hören, selbst aber noch nie etwas derartiges
gesehen.
Wenn
es allerdings irgendwo in der Welt je ein solches Fell gegeben hat, so
ist mit
großer
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß es irgendwann nach China
gebracht
worden ist, doch sicher wird es ein mühevoller Ankauf sein. Falls
es
zufällig
nur bis nach Indien gekommen ist, so werde ich bei den dortigen
Handelsherren
nachforschen.
Wenn
sich herausstellt, daß es ganz und gar nicht aufzutreiben ist,
werde
ich das Geld durch Euren Boten zurücksenden.''
Nach
einiger Zeit kam das chinesische Handelsschiff
wieder
einmal nach Japan. Als der Minister erfuhr, daß sein
Diener
aus China zurück sei und sich auf dem Weg zu ihm
befinde,
sandte er ihm ein schnelles
Pferd entgegen,
mit dem er die Strecke von Tsukushi zur Hauptstadt in nur sieben
Tagen
zurücklegte.
Der
Diener überbrachte einen Brief folgenden Inhaltes:
“Ich,
Wang Hi, bin in der glücklichen Lage, Euch nun
das
Gewand aus dem Fell
der
Feuerratte zu
senden,
das
ich unter großen Schwierigkeiten beschaffen konnte.
Ich
mußte meine Vertrauensleute überall hin schicken, denn
solch
ein Fell ist schwer aufzutreiben. Das war früher so und
ist
auch heute noch so. Indessen:
Ich
habe herausbekommen, daß vor langen Jahren ein heiliger
indischer
Mönch ein solches Fell in unser Reich gebracht hat
und
daß es in einem Tempel
in
den westlichen Bergen aufbewahrt wurde.
Mit
der Erlaubnis des Kaiserhofes ist es mir nach vielen
Schwierigkeiten
gelungen, dieses Fell zu erwerben.
Allerdings
hat der Statthalter der Provinz meinem Vertrauensmann
gesagt,
daß das Geld, welches Ihr mir geschickt hattet, nicht
ausreiche.
Um das Fell trotzdem kaufen zu können, habe ich,
Wang
Hi, die noch erforderliche Summe vorgestreckt.
Ich
bitte Euch daher, mir noch fünfzig Ryo Gold zu zahlen.
Ihr
könnt sie meinem Schiffe auf die Rückfahrt mitgeben.
Falls
Ihr den Betrag nicht zahlen wollt, sendet mir bitte das
Fell
zurück, das ich Euch hier überreiche.“
Als
der Minister Abe den Brief gelesen hatte, rief er aus:
„Was
sagt er da? Ich höre, es ist nur noch ein wenig mehr
Gold
von nöten.
Das
werde ich ihm natürlich schicken. Wie glücklich bin ich,
daß
er sich solche Mühe gegeben hat.“
Und
er wandte sich gegen China und verneigte sich tief.
Er
sah sich den Behälter an,
der
das Pelzgewand enthielt:
er
war mit herrlichen Smaragden
verschiedener Farbtönungen
eingelegt.
Dann
betrachtete er das nachtblaue Fell.
Die
Spitzen der langen Haare glitzerten golden.
Ein
kostbarer Schatz von unvergleichlichem Glanz!
Das
unbrennbare Fell! Welch ein Wunder!
Aber
noch wunderbarer war seine Schönheit.
„Wahrhaftig,
jetzt verstehe ich, warum Kaguya Hime sich ein
Gewand
aus diesem Fell gewünscht hat“, sagte er.
„Welch
ein Kleinod!“
Er
legte es zurück in den Behälter und steckte einen goldenen
mit
Diamanten besetzten
Zweig daran.
Er
verwandte viel Zeit und Mühe, sich für den Besuch bei
Kaguya
Hime
schön zu machen, denn er meinte bei sich:
„Ich
werde wohl gleich die ganze Nacht bei ihr bleiben.“
Mit
dem folgenden Gedicht ausgerüstet begab er sich auf den Weg:
Endlos
in mir die Glut
sie versengt
dieses Fell nicht
doch sie
trocknet die Tränenspuren
auf dem
Ärmel meines Gewandes
für
heute Nacht.
Er
kam an den Eingang des Hauses von Kaguya
Hime
und blieb vor dem Tore stehen.
Der Bambussammler ging
ihm entgegen, nahm
das Geschenk in Empfang und brachte es Kaguya
Hime.
Sie betrachtete das Pelzgewand und sagte:
„Es
sieht wunderschön aus. Ob es wohl echt ist?“
Der
Bambussammler erwiderte:
„Wie
dem auch sei, ich werde unseren Gast schon einmal hereinbitten.
Da
der Pelz wirklich so aussieht, als wäre er einmalig auf der ganzen
Welt,
vertraue
bitte darauf, daß er echt ist, und quäle den Herrn nicht weiter.“
Und
er rief den Minister und bat ihn, Platz zu nehmen.
Als
die alte Frau des
Bambussammlers
das sah, war auch sie überzeugt,
daß
es diesmal ernst werden würde.
Der
alte Mann hatte sich um
Kaguya Hime
Sorgen
gemacht
wegen ihres einsamen Daseins.
Er
hatte schon viel darüber nachgegrübelt, wie er sie am
besten
mit einem gut gestellten Mann verbinden könnte, aber
er
brachte es nicht über sich, Kaguya Hime gegen ihren
ausdrücklichen
Willen zu zwingen.
Jetzt
sagte Kaguya
Hime zu dem alten
Mann:
„Wenn
der Pelz die Feuerprobe
besteht,
gebe ich zu, daß er echt ist, und füge mich eurem Drängen.
Ihr
sagt zwar, daß der Pelz einmalig sei auf der ganzen Welt,
und
daß man seine Echtheit nicht anzuzweifeln brauche.
Aber
laßt uns doch zuerst die Feuerprobe machen.
Der
alte Mann stimmte zu: Das ist ein guter Gedanke und er
ging
zum Minister und berichtete:
„Kaguya
Hime
hat so und so gesagt.“
Der
Minister antwortete:
„Ein
solches Fell kann man eigentlich selbst in China nicht
auftreiben.
Doch mir ist es wenn auch unter tausend
Schwierigkeiten
und nach langem Suchen
-
gelungen.
Jeder
Zweifel an seiner Echtheit ist ausgeschlossen.
Ihr
könnt es aber trotzdem der Feuerprobe unterwerfen.“
Da
wurde der Pelz ins Feuer geworfen.
Die
züngelnden Flammen fraßen ihn hell lodernd auf.
Kaguya
Himes
sagte:
„Das
habe ich fast erwartet. Es war ein ganz gewöhnlicher
Pelz
von einem ganz gewöhnlichen Tier.“
Der
Minister saß da und starrte mit grau - grünem
Gesicht in die Flammen.
Kaguya
Hime atmete auf
und seufzte.
„Wie
glücklich bin ich“, sagte sie und schrieb ein Gedicht
nieder,
das sie in den leeren Behälter legte und dem Minister
überreichte:
Hätte
ich gewußt, wie wenig davon übrig bleibt,
ich hätte
das schöne Fell von der Feuersglut
ferngehalten.
Da
blieb dem Minister nichts anderes übrig: Er ging.
Die
Leute in der Umgebung aber redeten:
„Wir
haben gehört, daß der MinisterAbe den Pelz der
Feuerratte
gebracht hat und sich nun in
Kaguya Himes
Gemächern
aufhält.
Ist
das so?“
Andere
berichteten: „Als der Pelz ins Feuer
geworfen
wurde, ist er hell lodernd verbrannt.
Da
hat Kaguya
Hime den
Minister nicht mehr
gewollt.“
Diese
Geschichte war bald
in
aller Munde.
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- 2012 zu Bildergrafiken by Chr.Vivien