Willkommen im Band

Der Obererste Ratgeber am kaiserlichen Hof
 Otomo no Miyuki versammelte alle seine Gefolgsleute

und sprach  zu ihnen:

"Am Halse des Drachens, so hat man mir gesagt,

 leuchtet in den fünf  Farben

 ein Edelstein. 
 Wer ihn mir bringt, dem erfülle ich jeden Wunsch."

 Die Männer hörten die Worte ihres Herrn und sagten untereinander:
„Was unser Herr von uns verlangt, das müssen wir tun. Doch es
 wird nicht leicht sein, ein solches Juwel zu erlangen – noch dazu
 vom Halse eines Drachens. Das ist rein unmöglich.“

Der Oberste Ratgeber fuhr fort:
„Wer ein treuer Diener sein will, der darf an nichts anderes
 denken als daran, den Befehl seines Herrn auszuführen,
 selbst wenn er dafür sein Leben hingeben müßte.
 Man braucht nicht nach China oder nach Indien zu reisen,
 um den Drachen zu finden.
 Es gibt gibt sie auch hier bei uns. Sie steigen vom Himmel
 herab auf die Berge und
 ins Meer und kehren zum Himmel zurück. 
 Was fällt euch ein zu behaupten, daß es schwierig sei?“

 Da antworteten die Männer: „Nun gut. Wenngleich es schwierig
 ist, folgen wir den Geboten unseres Herrn und begeben uns auf
 die Jagd.“

Der Oberste Ratgeber sah sie alle an und sagte lachend:
 „Ihr steht im Ruf, eurem Herrn ergeben zu sein.
 Den Befehlen des Herrn, darf man nie widersprechen?
 Nein, man darf es nicht:“
 Er befahl den Aufbruch zur Jagd nach dem Juwel des Drachens.
 Um die Kosten der Fahrt zu decken, gab er seinen Männern
 seidene und wollene Stoffe, Geld und alles, was er in  seinem
 Lagerhaus hatte.
„Bis ihr wiederkehrt“, sagte er,“ werde ich selbst mich der
 Reinigung und des Fastens befleißigen. Aber hütet euch,

 ohne das Juwel zurückzukommen.“ 

Nachdem die Gefolgsleute seine Worte vernommen
 hatten, brachen sie murrend auf.
„Da er uns verboten hat, ohne das Juwel vom Halse des
 Drachens wiederzukommen, soll nun ein jeder gehen, wohin
 seine Füße ihn tragen.
 Was für verrückte Vorstellungen er hat!“
 so schimpften und teilten alles unter sich auf, was der

 Oberste Ratgeber ihnen mitgeben hatte. 

Einige der Leute versteckten sich in ihren eigenen Häusern,
 andere gingen woanders hin – wie es ihnen gefiel.
 Da sie den eigentlichen Grund der Anweisungen ihres Herrn
 nicht kannten, meinten sie abfällig, daß es auch vorgesetzte
 und Herren in der Welt gebe, die von ihren Dienern
                                     Unmögliches verlangen.

Um Kaguya Hime zu empfangen, ist mein jetziges Haus

nicht fein genug“, erklärte
 der Oberste Ratgeber.

 Er ließ einen Palast bauen und überreich mit Lackmalereien
 und Einlegearbeiten aus schillerndem Perlmutt verzieren.
 Das Dach wurde mit vielfarbenen Kordeln geschmückt,
 die Zwischenräume zwischen den Stützpfosten mit unglaublich
 feinen, prachtvoll bemalten Damaststoffen bespannt.

 Er traf alle Vorbereitungen zum Empfang von
Kaguya Hime,  jagte seine bisherigen

 Geliebten fort und verbrachte die Tage und Nächte ganz allein.

 Nun wartete der Oberste Ratgeber von Tag zu Tag auf die
 Rückkehr seiner Gefolgsleute, aber das Jahr verging, ohne
 daß er etwas von ihnen hörte.

 Als seine Geduld zu Ende war, legte er schäbige Kleider an
 und begab sich heimlich nachNaniwa.
 Er nahm nur zwei Wächter mit, die ihm als Boten dienen sollten.
 In Naniwa hörte er sich um:
Weiß jemand etwas von den Gefolgsleuten des Obersten Ratgebers Ootomo,

 die in See gestochen sind, 

 um einen Drachen zu erlegen und sein Juwel 
 vom Halse zu erbeuten?"

Da lachten die Seeleute und antworteten:
 Welch seltsame Geschichte!
 Kein Schiff ist dazu in der Lage. 

 Ootomo dachte bei sich: Wie wenig mannhaft - diese Leute
 wissen noch nicht einmal, worum es geht, und er sagte laut:
Wenn ich dem Drachen begegne, werde ich ihn mit der
 Wucht meines Pfeiles durchbohren und ihm das Juwel vom
 Halse reißen.
 Ich habe keine Lust mehr, auf meine säumigen Diener zu warten.
 Er mietete ein Schiff, ließ sich aufs Meer hinaus rudern,
 durchfurchte die Wogen in allen Richtungen bis fern hinaus

       jenseitsTsukushi.

 Was geschah?
 Ein Sturm erhob sich, die Welt versank in Finsternis und
 das Schiff wurde hin - und hergeworfen. Es wirbelte herum,
 stürzte schon fast in die bodenlose Tiefe des Meeres,
 Schaumkronen hüllten es furchtbar ein, der Donner
 schleuderte den Blitz in unmittelbare Nähe.

 Verstört rief der Oberste Ratgeber:
Noch nie habe ich mich in einer so gefährlichen Lage befunden.
 Was wird aus uns? „Der Steuermann schrie zurück:


Ungezählte Male habe ich die Meere befahren, aber auch
 ich war noch niemals so in Gefahr. Herr, entweder wird unser
 Schiff von den Wellen hinuntergespült, oder der Blitz spaltet
 es entzwei. Und wenn uns davor die Götter gnädig bewahren,
 so werden wir in die Meere des Südens verschlagen.
 Es scheint, als ob der Dienst unter einem schlechten Herrn
 uns Seeleuten nichts als den sinnlosen Tod einbringt.
Dabei brach er in Tränen aus.

 Da sprach der Oberste Ratgeber: "An Bord eines
 Schiffes muß man sich auf den Steuermann so fest verlassen
 können wie auf ein Berg. Warum sprichst du so entmutigend?„
 Und er spie grüne Galle.

 Der Steuermann erwiderte: Ich bin kein Gott, was kann ich tun?
 Daß der Sturm wütet, daß die Wogen toben, daß der Donner
 uns fast vernichtet, das alles kommt von Eurem Vorsatz,

 den Drachen zu töten. 
 Dieses Unwetter ist das Werk des Drachens.
 Betet schnell zu den Göttern!"

„Ein guter Gedanke'', schrie der ObersteRatgeber.
„Gott des Meeres, höre mich an.
 Ich war voreilig und kindisch. Ich wollte den Drachen töten,
 doch jetzt schwöre ich, daß ich ihm nie und nimmermehr auch
 nur ein Haar werde krümmen wollen.„
 Er wiederholte tausend Male seinen Schwur mit tränenheiserer Stimme,
 sprang auf und warf sich wieder hin. Nach und nach entfernte
 sich da das Grollen des

Donners.

 Nur von weitem noch sah man es wetterleuchten.

 Da rief der Steuermann:
Es war wirklich das Werk des Drachens. Der Wind, der jetzt
 bläst, ist ein guter Wind.
 Er kommt nicht mehr aus der schlechten Richtung,
 er bläst in die gute.

 Doch alles was der Steuermann sagte,
 drang nicht mehr in das Ohr des Obersten Ratgebers,
 der wie tot dalag.

Drei, vier Tage lang wehte der Wind und brachte

             das Schiff zurück. 

Als Land in Sicht kam, war es die Küste von Akashi in der
Provinz Harima. Der ObersteRatgeber glaubte noch
 immer, das Schiff sei an eine fremde Küste in der Südsee
 verschlagen.
Er versteckte sich im Schiffsinneren und wagte kaum zu atmen.
Die Mannschaft des Schiffes meldete der kaiserlichen Behörde
 die Ankunft des OberstenRatgebers. Doch selbst als der
 Statthalter kam, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen,
 konnte der Oberste Ratgeber nicht aufstehen, sondern blieb auf
 dem Bauche liegen. Zwischen Kiefernbäumen breitete man Strohmatten
 aus und brachte ihn behutsam an Land.

 Erst da dämmerte es ihm, daß er nicht an einer Küste der
 Südsee war, und er versuchte sich ein wenig aufzurichten.
 Er hatte sich schwer erkältet, sein Leib war aufgedunsen,
 seine Augen waren rot und geschwollen wie zwei Pflaumen.
 Selbst dem Statthalter der Provinz entschlüpfte bei seinem
 Anblick ein Lächeln.
 Der Oberste Ratgeber befahl den Beamten, ihm eine
 Sänfte zu bauen, und darin ließ er sich stöhnend nach Hause
 tragen. 

 Wie haben es seine Gefolgsleute nur erfahren?
 Plötzlich tauchten sie alle, die er zuerst ausgeschickt hatte,
 wieder auf und sagten einfach:
„Da wir das Juwel vom Halse des Drachens

 nicht beschaffen konnten, wagten wir nicht zurückzukehren.
 Nachdem unser Herr jetzt am eigenen Leibe erfahren hat,
 wie schwierig es ist, das Juwel zu erlangen, sind wir
 wiedergekommen, überzeugt, daß unser Herr uns nicht
 bestrafen wird.
Der Oberste Ratgeber richtete sich mühsam
 auf und sprach:
„Ich bin froh, daß ihr ohne das Juwel zurückkommt, denn
 der Drache gehört zur Familie der Donnergötter. Allein der
 Plan, ihm das Juwel zu entreißen, hätte viele Männer fast das
 Leben gekostet. Um so mehr wäre mein Ende sicher gewesen,

 hätte ich es gewagt, Hand an den  Drachen zu legen.
 Wir sollten uns glücklich schätzen, daß wir es nicht getan haben.
 Diese hinterhältige Kaguya Hime will nichts anderes als Menschen ins Unglück stürzen.
 In Zukunft werde ich die Gegend meiden, in der ihr Haus steht, und auch meinen

 Leuten verbiete ich, dorthin zu gehen.

 Das wenige an Besitz, was dem OberstenRatgeber
 verblieben war, verteilte er unter seine Leute, die das Juwel
 vom Halse des Drachens nicht erbeutet hatten.
 Als seine früheren Geliebten, die er weggeschickt hatte,
 das alles erfuhren, lachten sie sich halb krank.
 Die bunten Kordeln, mit denen er das Dach jenes Palastes
 geschmückt hatte, den Kaguy Hime bewohnen sollte,
 waren von Milanen und Krähen herausgerissen und
 zum Nestbad verwendet worden.

 Die Leute sagten: „Hat der Oberste Ratgeber Ootomo

 das Juwel  vom Halse des Drachens gewonnen?
 Nein, das nicht.
 Aber statt dessen hat er zwei seltene Knollen mitgebracht,
 die die Form und Farbe von Pflaumen haben:

 seine geschwollenen Augen.

 Von  Prinzen sprach ich hier,  haben jämmerlich versagt ...
 konnten den Anforderungen von Kaguya Hime 
 nicht gerecht werden!

Nun bleibt nur noch ein Prinz übrig.

 Ob es dem Mittleren Ratgeber Isonokami no Marotari
 gelingt die seltene Kauri - Muschel aufzuspüren die nur bei
 den Adlern zu finden ist?
 Dies könnt könnt Ihr nun im Bandlesen*
 
 

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