Willkommen
im Band
DerMittlereRatgeber
am kaiserlichen Hofe
Isonokami
no Marotari
sagte zu seiner Dienerschaft:
"Gebt
mir Nachricht, wenn die Adler
ihre Nester bauen."
Die
Diener erkundigten sich:
"Wozu
dient dieser Befehl?"
Und
er antwortete:
"Um
die wehenstillende Kauri
- Muschel
aufzuspüren,
die
bei den Adlern
zu finden ist."
Die
Diener wandten ein: "Man
kann eine große Anzahl Adler
töten
und findet nichts
in
ihren Bäuchen.
Freilich
muß es irgend etwas geben, denn wenn sie ihre
Eier
legen,
haben
sie die wundersame Muschel - so sagt man.
Sie
soll allerdings verschwinden, sobald Menschen sie erblicken.
"Ein
Diener schlug vor:
"In
den Winkeln der Strebebalken unterm Dach der Vorhalle
zum
großen Reisspeicher bauen die Adler
ihre Nester.
Laßt
uns mit einigen zuverlässigen Männern dort hingehen
und
die Nester von Gerüsten aus untersuchen.
Es
ist nicht so, daß es überall Adler gibt, die Eier legen?
Ja,
stimmt.
Dort
sollen die Leute die Kauri
Muschel suchen."
Der
Mittlere
Ratgeber
freute sich sehr und sagte zu
dem
Diener: "Das ist alles sehr beachtlich und war mir bislang unbekannt.
Du
hast einen bedeutenden Beitrag geleistet." Er sandte etwa zwanzig
zuverlässige
Männer
zum Reisspeicher, die dort
Gerüste
bauen und besteigen mußten.
Von
seinem Amtshause aus erkundigte er sich dann
ohne
Unterlaß durch Boten:
"Habt
ihr die wehenstillende Kauri
-
Muschel
gefunden?"
Doch
die Adler, verstört durch die vielen Menschen, die
heraufgestiegen
waren, wagten sich nicht zu ihren Nestern
zurück.
Das berichtete man dem Mittleren
Ratgeber,
woraufhin
er sorgenvoll erwog, was nun zu tun sei.
Da
kam Kuratsu
Maro, ein alter
Angestellter im
Speicherhaus,
zu ihm und sagte:
"Wenn
Ihr die Kauri
-
Muschel
sucht, kann ich Euch einen Rat erteilen.
"
Die beiden steckten die Köpfe zusammen, undKuratsuMaro
sagte:
"Euer
Versuch, die Kauri - Muschel bei den Adlern zu finden,
ist
ungeschickt. Es wird Euch auf diese Art und Weise nie gelingen.
Da
ihr zwanzig Leute auf das Gerüst steigen laßt, wo sie große
Unruhe
verbreiten, sind die Adler verängstigt und kehren nicht
zu
ihren Nestern zurück. Für richtiger hielte ich es, sämtliche
Gerüste
abzureißen,
alle Männer wegzuschicken, einen
einzigen
zuverlässigen Mann in einen Korb zu setzen, ein
Seil
herzurichten und, während der Vogel im Nest sitzt,
den
Mann mit Hilfe des Seiles hochzuziehen.
Ihm
müßte es möglich sein, die Muschel mit schnellen Griff
an sich zu bringen.
"Da
sagte der Mittlere
Ratgeber: "Das
ist ein guter Gedanke."
Also schlugen die Männer die Gerüste wieder ab und begaben
sich nach Hause.
Der
Mittlere
Ratgeber
fragte nun Kuratsu
Maro:
"Wie
kann ich den genauen Zeitpunkt feststellen, wann der
Adler
ihr Ei legt, damit ich den Mann rechtzeitig hochziehe?"
Kuratsu
Maro
erklärte: "Es
heißt, daß die Adler kurz vor
dem
Legen ihren Schwanz heben und sich siebenmal um sich
selbst
drehen. Dann soll das Ei herauskommen.
Deswegen
wartet,
bis der Adler sich siebenmal dreht. Dann laßt den Mann
hochziehen,
damit er die Muschel ergreifen kann."
Der
MittlereRatgeber
war hoch erfreut.
Er
lief sogleich und ohne jemandem etwas zu sagen
zum
Reisspeicher, mischte sich dort unter die Männer und harrte
bei
ihnen Tag und Nacht aus. Er war glücklich, daß
Kuratsu
Maro
ihm den Rat gegeben hatte.
"Wie
froh bin ich, daß du meinem Herzenswunsch Hilfe
bietest",
so sagte er zu ihm, "obwohl du nicht zu meiner
eigenen
Dienerschaft gehörst." Er zog sein Gewand aus und
legte
es dem Alten zur Belohnung über die Schultern.
Mit
den Worten "Komm jedesmal, wenn es dunkel ist,
wieder
hierher zum Speicherhaus" verabschiedete er ihn.
Als
der Mittlere
Ratgeber
eines Abends wieder zum
Reisspeicher
kam und sich dort umsah, bauten wahrhaftig
die
Adler ihre Nester. Wie der alte
Kuratsu Maro
ihm
geraten
hatte, ließ er in dem Augenblick, in dem der Vogel
sich
zu drehen begann, einen Mann in einen
grob
geflochtenen Korb steigen
und ihn zum Nest hochziehen.
Er
befahl ihm, mit der Hand darin nachzusuchen. Als der Mann
herunterrief
"Es
ist nichts drin", entgegnete der
Mittlere
Ratgeber
voller Zorn: "Weil
du es falsch machst,
findest
du nichts!'"
Nachdenklich fügte er hinzu: "Wer könnte
es
denn besser machen? Ich wüßte niemanden.
"
Und laut verkündete er: "Ich werde mich höchstselbst
hinaufbegeben
und nachsehen."
Er
kletterte in den Korb und schwebte nach oben.
Während
sein Blick auf das Nest geheftet war, lüpfte der
Adler
seinen Schwanz und drehte sich wie wild. Da streckte
der
Mittlere
Ratgeber
im richtigen Augenblick die Hand aus,
fingerte
im Nest herum und konnte etwas Flaches greifen. Er
schrie:
"Ich,
ich hab's! Holt mich herunter, schnell!
Alter, es hat geklappt!"
Die
Leute liefen zusammen und wollten schnell ihren Herrn
herunterlassen.
Dabei zogen sie ungeschickt am Seil - das
Seil
riß, und der Mittlere
Ratgeber
stürzte kopfunter und
schlug
rücklings auf ein Eisenbecken auf.
Erschrocken
beugten sich die Leute über ihn und hoben ihn auf.
Seine
Augen waren verdreht, sein Körper war schlaff.
Man
goß ihm Wasser über die Lippen. Die Atmung setzte
langsam
wieder ein, so daß man ihn vorsichtig an Armen und
Beinen
anfassen und aus dem Eisenbecken herausheben konnte.
Als
man ihn schließlich fragte "Wie geht es Euch?", hauchte er:
"
Ich komme langsam
wieder zu Sinnen, aber ich kann mein
Kreuz
nicht bewegen.
Ich
habe Glück gehabt und die Muschel erwischt.
Das
macht mich sehr froh. Bringt eine Lampe! Ich will die Muschel sehen."
Und
er hob den Kopf und öffnete die Hand -
darinnen
lag nichts weiter als ein
trockenes
Stück Adlerdreck. Bei diesem Anblick seufzte er:
"Ah,
welche Mühe, und alles umsonst!"
Als
der MittlereRatgeber
erkannt hatte, daß
es
nicht die Muschel war, was er gegriffen hatte, schlug sein
Zustand
um. Nun, da sein Kreuz gebrochen war, hatte er keine
Verwendung
mehr für das chinesische Kästchen, in das er die
Kauri
-Muschel
legen wollte. Gerne hätte er sein
Mißgeschick,
das er seiner kindischen Dummheit verdankte,
vor
den Leuten verborgen gehalten, aber er war zu krank
und
zu schwach.
Mehr
noch als das Scheitern des Versuches, die Muschel zu
erlangen,
beunruhigte ihn in den folgenden Tagen der
Gedanke,
daß alle Welt es erfahren und darüber lachen würde.
Schließlich
wog in ihm die Furcht vor einer solchen
Bloßstellung
schwerer als die Angst vor dem Tode.
Als
Kaguya
Hime
all das vernahm,
sandte sie ihm einen tröstenden
Brief:
Selbst
wenn man an der Küste
von Sumi
Jahrelang wartet
Dort
wo Wellen
nicht hinkommen
Gibt
es auch keine Muscheln
nicht wahr
Jemand
las es dem Mittleren
Ratgeber
vor.
Dieser
hob trotz größter Erschöpfung den Kopf und schrieb
auf
ein Papier, das ihm vorgehalten wurde,
schmerzerfüllt
folgende Antwort:
Obwohl
ich keine Muschel
fand
Wurden
meine Schmerzen
durch Euch
belohnt
Könnt
Ihr nicht
Mein
ermattetes sterbendes Leben
erretten
So
schrieb er und verschied.
Als
Kaguya
Hime
diese Worte
las;
verspürte sie ein wenig Mitleid.
Durch
Bildergrafiken wirken Märchen lebendiger,
denn was das
Auge
nicht sieht kann die Hand nicht führen.
Hoffe
sehr, es hat Euch bisher, so... gefallen?!
Möchte
mich hier an dieser Stelle, nochmals bei allen Lesern
für
Eure Treue
zu mir sehr lieb bedanken!
Liebe
Knuddelgrüße
eure Vivien *lächel*
Der
Kaiser
und Kaguya
Hime
zu Band
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