Willkommen im Band 

 Als dann wieder der Frühling kam, versank Kaguya Hime,

  wenn der Mond in seidigem Glanz
  über den Himmel zog, seltsam in Gedanken.
 Jemand aus dem Haus riet ihr: "Es tut nicht gut, den Mond so anzustarren."

Doch Kaguya Hime ließ nicht ab und schaute noch oft, wenn es die

   anderen nicht bemerkten, zum Mond hinauf.
  Dabei weinte sie bitterlich.
  Am fünfzehnten Abend des siebten Monats befiel sie starke Unruhe,
  als sie draußen vor dem Hause saß. 
 Die Frauen, die sie bedienten, liefen zum
 alten Mann und sagten:
 "Kaguya Hime ist schon seit langem durch den Anblick des Mondes
 bewegt worden, doch in diesen Tagen ist sie es offenbar mehr als sonst.

 Irgend etwas muß sie quälen.
 Bitte achtet vorsorglich auf sie." Sowie der alte Mann das gehört hatte,

 ging er zu Kaguya Hime und fragte sie: 
 "Was bewegt dich, daß du so gedankenvoll den Mond anschaust?

 In dieser herrlichen, glücklichen Welt" 

Kaguya Hime antwortete: "Wenn ich den Mond betrachte,
 fühle ich mich verlassen dieser Welt. Es gibt keinen anderen Grund." 
 Als er jedoch etwas später nochmals dorthin kam, wo sie saß, sah er sie
 noch immer tief in Gedanken versunken.

 Da sagte er: "Mein geliebtes Kind, woran denkst du schon wieder?
 In dieser herrlichen, glücklichen Welt"
Kaguya Hime antwortete: "Wenn ich den Mond 
 betrachte, fühle ich mich verlassen dieser Welt.
 Es gibt keinen anderen Grund."

 Als er jedoch etwas später nochmals dorthin kam, wo sie saß,
 sah er sie noch immer tief in Gedanken versunken.

                                     
  Da sagte er:
 "Mein geliebtes Kind, woran denkst du schon wieder?
 Was ist es denn, das dich so quält?"

"Es ist nichts besonderes'', antwortete sie,

"Ich fühle mich ein wenig einsam."

"Schau nicht dauernd den Mond an," riet ihr der alte Mann,
"es macht dich noch trauriger."
"Wie könnte ich mir versagen, den Mond anzuschauen?" erwiderte sie. 
  Sie kam auch weiterhin heraus, wenn der Mond am Himmel stand, und versank
  bei seinem Anblick in Wehmut. Nur während der dunklen, mondlosen Abende

  schien sie von ihrer Niedergeschlagenheit befreit. 
  Doch sobald der Mond wieder zunahm, verfiel sie erneut ihrer Schwermut

und weinte immer mehr. 

 Ihre Dienerinnen tuschelten: "Da ist doch irgend etwas, das sie bedrückt."
 Doch niemand wußte, was es war, auch ihre Eltern nicht.
 Als im achten Monat die Mondsichel mehr und mehr zunahm,
 brach sie von neuem in Tränen aus. Sie gab sich keine Mühe mehr,
 ihr Weinen zu verbergen.

 Voller Kummer drängten ihre Eltern in sie: "Was ist mit dir?"

Kaguya Hime schluchzte:
"Ich hätte es euch schon früher sagen sollen, doch ich fürchtete,
 daß es eure Herzen zerbrechen würde. Nun aber kann ich es nicht mehr
 verbergen - ich muß es euch eingestehen:
 Ich gehöre nicht dieser Welt an.
 Meine Heimat ist die Hauptstadt des Mondes. 
 Durch eine Verknüpfung des Geschickes bin ich auf die Erde gekommen.
 Jetzt ist der Zeitpunkt da, an dem ich heimkehren muß.
 Wenn der Mond sich in diesem Monat voll rundet, werden sie aus meiner Heimat
 kommen und mich holen. Da mein Abschied unwiderruflich ist,
 bedrückt mich der Gedanke an euch. Deswegen habe ich seit dem Frühjahr geweint."

 Und sie ließ ihren Tränen wieder freien Lauf. 

Der alte Mann rief ganz außer sich: "Was sagst du da? Ich habe dich damals in

 einem Bambusstamm 
 gefunden, du warst kaum größer als ein Rapssamen,
 ich habe dich großgezogen, bis du so groß warst wie ich. Niemals werde ich es
 zulassen, daß jemand dich mir wegnimmt." Er fing auch an zu weinen.
"Ich werde daran zugrunde gehen'', schluchzte er,
 und sein Schmerz schien unerträglich.

Kaguya Hime sprach zu ihm:
"Ich habe Vater und Mutter in der Hauptstadt des Mondes.
 Für uns ist es nur eine kurze Zeitspanne, die ich auf der Erde
 verbracht habe - auf der Erde sind es lange Jahre. Ich denke aber nicht mehr
 an meine Eltern, denn ich habe die Zeit hier, die mir so gut war, liebgewonnen.
 Mein Herz spürt kein Verlangen nach Hause. Nur Traurigkeit erfüllt mein Herz.

 Aber es hilft nichts: ich muß gehen,
auch gegen meinen Wunsch."  

 Da konnten alle die Tränen nicht mehr zurückhalten. Auch die Dienerinnen,
 die sich mit den Jahren an Kaguya Hime gewöhnt und ihre feinfühlige
 Anmut bewundern gelernt hatten, konnten den Gedanken, nun nicht mehr um
 sie zu sein, kaum ertragen. Ihre Kehlen waren wie zugeschnürt, und sie
 empfanden ebenso tiefen Schmerz.

Als der Kaiser erfuhr, was bevorstand, sandte er sofort

einen Boten  zum Haus

 des Bambussammlers. Noch immer heftig schluchzend kam der alte Mann heraus,
 um den Boten zu begrüßen. Sein Bart war grau geworden, sein Rücken gebeugt
 und seine Augen gerötet.
 Durch das Übermaß des Kummers war er zum Greis geworden.
 Der Bote fragte den alten Mann im Auftrage des Kaisers:
 "Wir haben gehört, daß du sehr leidest. Ist das richtig?"

 Der Bambussammler sagte unter Tränen: "In der kommenden
 Vollmondnacht sollen Scharen von der Hauptstadt des Mondes herabsteigen,
 um Kaguya Hime zu holen.
 Es ehrt mich über alle Maßen, daß Ihr gekommen seid, um Euch zu erkundigen.

 Könntet Ihr am fünfzehnten Tage dieses Monats Eure Soldaten hierherschicken,
 damit sie die Wesen vom Mond, wenn sie kommen, ergreifen ?"

 Der Bote kehrte zum Palast zurück und berichtete dem Kaiser,
 was er gesehen und gehört hatte.

 Darauf sagte der Kaiser: 
"Schon ich, der sie nur einen Augenblick gesehen hat, kann sie nie und
 nimmer vergessen.
 Um wie viel tiefer muß der Schmerz derer sein, die Tag und Nacht mit ihr

 zusammenleben und sie nun verlieren sollen!" 

 Am fünfzehnten Tag rief er alle Dienststellen auf, ernannte den
 General Takano no Nokuni zum Sonderbefehlshaber über
 zweitausend Soldaten
 aus allen sechs kaiserlichen Leibwachen 
 und sandte ihn zum Hause des Bambussammlers.
 Dort verteilte der General tausend seiner Männer auf den Wall rund um das Haus,
 tausend auf die Dächer. Dazu kamen die zahlreichen Bediensteten des Hauses.
 Auf diese Weise wurde jede kleinste Stelle überwacht.
 Alle Männer waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet.

 Die inneren Räume des 
 Hauptgebäudes wurden durch die weibliche Dienerschaft besetzt.

 Die Frau   des alten Bambussammlers verbarg sich ganz innen
 im gemauerten Teil des Hauses und hielt Kaguya Hime umschlungen.
 Der alte Mann hatte die Tür zu diesem Raum fest verriegelt und stand davor.
 Er murmelte:
"Selbst himmlische Wesen können uns in einem so gut bewachten Haus nichts anhaben."
 Den Soldaten auf dem Dach rief er zu:

"Was auch immer daherfliegen  mag,
 und sei es noch so klein:
 schießt sofort darauf!" Die Soldaten riefen zurück:
"Jede Mücke, die über dieses gut bewachte Haus fliegt, werden wir mit unseren
 Pfeilen treffen und vertilgen." Als der alte Mann das hörte, war er sehr zuversichtlich.

Kaguya Hime aber, die das alles wahrnahm sagte:
"Ihr könnt mich einschließen, ihr könnt bereit sein, mich zu verteidigen und
 um mich zu kämpfen - gegen die Wesen der Anderen Welt seid ihr machtlos.
 Ihr werdet nicht einmal eure Pfeile gegen sie abschießen können.
 Wenn ihr mich einschließt: die Türen werden sich von selbst öffnen,
 sobald die Wesen der Anderen Welt nahen.
 Wenn ihr den Kampf sucht:
 euer Kampfgeist wird erlahmen, sobald die Wesen der Anderen Welt da sind."

 Aufgebracht erwiderte da der alte Mann:
 "Ich werde allen, die kommen, um dich zu holen, mit meinen Fingernägeln die
 Augen auskratzen. Ich werde sie bei den Haaren packen und zu Boden schmettern.
 Ich werde ihnen die Hosen herunterreißen und ihre bloßen Hintern
 den kaiserlichen Soldaten zeigen, damit sie sich recht schämen."

Da sagte KaguyaHime: "Sprich, bitte, nicht so laut.
 Wenn die Leute auf dem Dach dich hörten, es wäre sicher nicht gut.
 Es macht mich traurig, daß ich von hier weggehen muß, kaum daß ich das Ausmaß
 eurer Gefühle für mich erfaßt habe.
 Aber ich darf nicht länger hier bleiben.
 Doppelt traurig macht es mich, daß ich für euch, meine Eltern, in dieser Welt
 überhaupt nicht gesorgt habe. Ich habe die letzten Abende im Freien verbracht,
 um eine Frist von einem weiteren Jahr zu erbitten, aber mein Wunsch wurde

 nicht erhört. 
 Der Gedanke ist mir unerträglich, euch jetzt, nach so viel Mühsal, verlassen zu müssen.
 Die Wesen in jener Mondstadt sind sehr schön und altern nie.
 Doch in ihrem Dasein gibt es nichts zu wünschen, nichts zu lieben, nichts zu leiden.
 Daß ich in die Welt dort zurückkehren muß, erfüllt mich überhaupt nicht mit Freude.
 Denn ich fühle, wie sehr ihr vermissen werdet, daß ich euch auf eure alten Tage

                                            umsorge." 

 Der alte Mann sagte grollend: "Sprich nicht so, es zersprengt mir die Brust.
 Ich werde auch vor den schön aussehenden Mondwesen
 nicht zurückweichen.“

                 So vergingen die Abendstunden.

 Bitte stubs mich an ... *Ohje, nun schauen wir alle zum Himmel hinauf und erwarten die Mondwesen*
 



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