Gebrochene  Flügel ...


Wahres Wunder ...
kommt ein Vöglein gekrochen,
ist vom Himmel gesackt
hat 'nen Flügel gebrochen
ward vom Sturmwind geknackt
und es kann nicht mehr fliegen
und es kommt kaum vom Fleck
und so bleibt es da liegen
und so piepst es im Dreck:

Ich armes, armes Vöglein
ich komm nicht mehr nach Haus
>ich kann ja nicht mehr fliegen
nun ist es mir mir aus.

Plötzlich plumst noch ein zweites nebenan in den Schutt
und auch es kann nicht weiter
ist genau so kaputt.

Ja, auch ihm fehlt 'ne Schwinge
und sie ruhn Seit an Seit
und sie harren der Dinge
und sie piepsen zu zweit:

Wir armen, armen Vöglein
wir kommen nicht nach Haus
wir können nicht mehr fliegen
nun ist es mit uns aus.

Ach, da tritt schon die Katze
"großer Schreck" auf den Plan
und es zuckt ihr die Tatze
und es tropft ihr der Zahn
und sie grinst vor Verlangen
und sie duckt sich zum Gruß
und die beiden umfangen sich mit Bruchstück und Fuß.

Wir armen, armen Vöglein
das Schicksal naht, o Graus
die Katze will uns fangen
nun ist es mit uns aus!

Und sie schließen die Klammer
von entsetzen gepackt
denn pro Matz ist - o Jammer
nur ein Flügel intakt -
hier ein rechter, da ein linker
einer luv, einer lee -
zwei gar traurige Winker.

Und sie winken Ade!
Wir armen, armen Vöglein,
o Schicksal - welch ein Graus!
Gleich werden wir verschlungen
gleich ist es mit uns aus.

Und sie winken und winken
und ein weilchen verstreicht
und da - wird unsern Finken
doch auf einmal so leicht,
na ist das nicht ergötzlich?
Ja - es ist wie im Traum!

Und so landen sie plötzlich
beide hoch auf dem Baum.
Wir kleinen Pechspaßvögel
was haben wir geweint!
Wir können wieder fliegen!
Jedoch nur treu vereint.

Zwischen Ungewißheit ...



und offenen Fragen ist es so unendlich schwer die Schwingen
zum Flug auszubreiten und doch dürfen wir es nie verlernen!

Schau nicht auf die Uhr, zähle nicht die Stunden, müssen die Zeit nicht jagen
und können ihr auch nicht entfliehen,
denn sie ist ein blindes Fabeltier welches uns
gnadenlos hetzt wenn wir sie zum Maßstab unserer Sehnsucht machen.

Balsam aber ist der Atemzug des anderen, dem man mit geschlossenen
Augen noch spüren wird
und eine Stimme an die man sich anlehnen kann,
wenn die Kälte einen zu ersticken droht.


Totentanz ...



Der Tod ist kein Reiter auf schwarzem Pferd
und nicht mehr das alte Gerippe.
Er braucht keine Geißel, er schwingt kein Schwert,
er trägt nicht Kaputze, noch Hippe.

Der Tod fährt im Auto bei leiser Musik,
wenn draußen die Nebel brauen.
Er blickt auf die Uhr und lehnt sich zurück:
Er kann seinem Zeitplan vertrauen.

Der Tod reist heute im Düsenjet
mit Komfort über arktische Zonen.
Er schlürft Champagner und lächelt nett
bei den Schwimmwestendenmonstrationen.

Der Tod liegt als Glocke über der Stadt
aus Smog und giftigen Gasen.
Du siehst an den Bäumen kein grünes Blatt,
und die Blume vergilbt auf dem Rasen.

Der Tod gibt sich gerne für fortschrittlich aus:
Wenn wir glauben, es ginge uns besser,
kocht er im Labor seine Süppchen aus
und schüttet sie in die Gewässer.



Süsse Person ...


Süße Person, komm geh mit mir spazieren!
Im Garten meiner Lügen blüht der Mohn.
Lass dich ein ganz klein bisschen verführen,
süße Person!
Ich bin ein Zauberer und guter Laune.
Ein Tischlein-deck-dich? Schau, da steht es schon!
Auf dem Fabrikschlot blas ich dir Posaune,
süße Person!
Ich kann dir, wenn du willst, den Nordpol schenken
als Eis am Stiel.
Rührt so was nicht dein Herz ein klein wenig,
süße Person?
Süße Person, kann Kühnheit dich verführen?
Ich bringe dir den Mond als Luftballon.
Ich würde selbst den Weihnachtsmann rasieren,
süße Person!
Ich raube dir vom Himmel die Juwelen.
Ich breche ein bei Abendstern&Sohn.
Ich will dir vom Saturn die Ringe stehlen,
süße Person!
Wir fahren auf dem Karussell der Welt
durch längst vergangene und zukünftigen Zeiten,
wie dir's gefällt!
Süße Person, du meinst, das sind nur Lügen?
Weißt du's denn nicht? Auch du bist nur meine Illusion!
Ich hab dich mir erträumt - nur zum Vergnügen,
süße Person?!?!


Erinnerungen ...



So vieles ist uns misslungen,
was bald im Vergessen versinkt.
was bleibt, sind Erinnerungen
an eine Saite, die klingt,
ehe die Saite zersprungen.

Wie anders hat vieles geklungen,

Du, fröhliches Königskind,
bist tief in mein Herz gedrungen.
Dein Stern und das Meer und der Wind
halten dich umschlungen,
bleiben so schön wie wir sind.



Das Lied von der Anderwelt



Es gibt einen See in der Anderwelt,
drin sind alle Tränen vereint,
die irgendjemand hätt‘ weinen sollen
und hat sie nicht geweint.

Es gibt ein Tal in der Anderwelt,
da gehn die Gelächter um,
die irgendjemand hätt‘ lachen sollen
und blieb stattdessen stumm.

Es gibt ein Haus in der Anderwelt,
da wohnen wie Kinder beinand‘
Gedanken, die wir hätten denken sollen
und waren’s nicht imstand.

Und Blumen blühn in der Anderwelt,
die sind aus der Liebe gemacht,
die wir uns hätten geben sollen
und haben’s nicht vollbracht.




Mit einem lieblich süßen duftenden Gruß zu dir,
bedanke ich mich für deinen Besuch*
 
 
 

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Copyright 1999 - 2015 - 70 Jahre nach meinem Tod zu Bildergrafiken  - Text - by Chr. Vivien