Taschentuch
reich ...
"Flieg über
meine Stadt, kleine
Taubenschwalbe,
und erzähl
mir, was du dort siehst."
So
flog die kleine Taubenschwalbe über
die große Stadt und sah,
wie
sich's die Reichen in ihren schönen Häusern wohl sein ließen,
indes
die Bettler draußen an den Toren saßen.
Sie
flog in dunkle Gassen und sah die weißen Gesichter
hungernder
Kinder, die unfroh auf die düsteren Straßen blickten.
Unter
einem Brückenbogen lagen zwei kleine Jungen,
einer
in des andern Arm geschmiegt, um sich zu wärmen.
"Wir
haben solchen Hunger!" sagten sie. "Ihr dürft hier nicht liegen!
"brüllte
der Wächter, und sie gingen hinaus in den Regen.
Da
flog die Taubenschwalbe
zurück und erzählte dem Prinzen,
was
sie gesehen hatte.
"Ich
bin mit feinem Golde bedeckt", sagte der Prinz,
"das
sollst du abheben, Blatt
um Blatt, und meinen
Armen geben;
Die
Lebenden meinen, daß Gold sie glücklich machen könne.
"Blatt
für Blatt des feinen Goldes pickte
die Schwalbe ab,
bis
der glückliche Prinz ganz stumpf und grau aussah.
Blatt
für Blatt des
feinen Goldes brachte sie den Armen,
und
die Wangen der Kinder erblühten, und sie lachten und spielten
ihre
Spiele auf den Straßen.
"Nun haben wir
Brot!" riefen sie.
Dann
kam der Schnee, und nach dem Schnee kam der Frost.
Die
Straßen sahen aus, als wären sie aus Silber geschmiedet,
so
hell glitzerten sie; lange Eiszapfen,
kristallenen
Dolchen gleich, hingen von den Dächern der Häuser,
alle
Welt ging in Pelzen einher,
und
die kleinen Jungen trugen rote Wollkappen und liefen
Schlittschuh
auf dem Eise.
Die
arme kleine Taubenschwalbe
fror und fror immer ärger,
aber
sie wollte den Prinzen nicht verlassen, dazu hatte sie ihn zu lieb.
Sie
pickte Krumen vor der Tür des Bäckers auf,
wenn
der Bäcker nicht hinsah, suchte sich zu wärmen,
indem
sie mit den Flügeln
schlug.
Endlich
aber erkannte sie, daß sie sterben müsse.
Sie
hatte gerade noch Kraft genug, sich noch einmal auf des
Prinzen
Schulter zu schwingen.
"Leb wohl, lieber
Prinz!" sagte sie leise,
"darf ich deine
Hand küssen?"
"Ich
freue mich, daß du endlich nach Ägypten reisest,
kleine
Taubenschwalbe", sagte der Prinz,
"du
bist schon viel zu lange hiergeblieben;
aber
du mußt mich auf die Lippen küssen,
denn
ich liebe dich."
"Nicht nach Ägypten reise
ich", sagte die
Taubenschwalbe,
"ich reise zum
Haus des Todes.
Der Tod ist der
Bruder des Schlafes, ist's nicht so?"
Und
sie küßte den glücklichen Prinzen
auf
die Lippen
und
fiel tot zu
seinen Füßen nieder.
In
diesem Augenblick tönte aus dem Innern des Standbildes
ein
seltsames Knacken, als ob etwas zerbrochen wäre.
Und
wirklich, das bleierne Herz
war mitten entzweigesprungen.
Es
war ja auch eine grimmig kalte Nacht.
Früh
am nächsten Morgen ging der Bürgermeister mit den Ratsherren
unten
über den Platz.
Als
sie an der Säule vorbeikamen, blickte er hinauf zu dem Standbild.
"Ach,
du liebe Zeit!
Wie
armselig der glückliche Prinz aussieht!" sagte er.
"Gewiß,
wie armselig!" riefen die Ratsherren,
die
stets einer Meinung mit dem Bürgermeister waren;
und
sie stiegen hinauf, um den Schaden von
der
Nähe zu besehen.
"Der
Rubin
ist aus seinem
Schwert gefallen,
die
Augen
sind weg,
und
er ist gar nicht mehr
golden",
sagte der Bürgermeister.
"Er
sieht buchstäblich kaum besser aus als ein Bettler."
"Kaum
besser als ein Bettler",
sagten
die Ratsherren. "Und hier liegt wahrhaftig ein
toter
Vogel vor seinen Füßen!" fuhr der Bürgermeister fort.
"Wir
müssen tatsächlich eine Verordnung erlassen,
daß
es Vögeln verboten ist, hier zu sterben."
Und
der Stadtschreiber notierte sich diesen Hinweis.
Also
wurde das Standbild des glücklichen Prinzen herabgeholt.
"Da
er nicht mehr schön ist, ist er nicht mehr nützlich",
sagte
der Kunstprofessor der Universität.
Darauf
schmolzen sie das Standbild in einem Schmelzofen,
und
der Bürgermeister hielt eine Sitzung mit dem Stadtrat ab,
um
zu entscheiden, was mit dem Metall geschehen solle.
"Wir
müssen selbstverständlich ein neues Standbild haben", sagte er,
"und
das soll mein eigenes Standbild sein."
"Mein eigenes",
sagte
jeder der Ratsherren, und sie zankten sich und stritten.
Als
ich zuletzt von ihnen hörte, stritten sie sich noch immer.
"Ist das aber
merkwürdig!
"sagte
der Werkmeister in der Schmelzhütte.
"Dieses zerbrochene
Herz will im Ofen nicht schmelzen.
Wir müssen
es wegwerfen."
So warfen sie
es auf einen Kehrichthaufen,
auf
dem auch die tote Schwalbe
lag.
"Bring mir die
beiden kostbarsten Dinge dieser Stadt",
sagte Gott zu
einem seiner Engel;
und der Engel
brachte ihm das
bleierne Herz
und den toten
Vogel.
"Du hast recht
gewählt", sagte Gott,
"denn in meinem
Paradiesgarten soll der kleine Vogel singen
für und für,
und in meiner
goldenen Stadt
soll der glückliche
Prinz mich lobpreisen."
Still ist es geworden
in unseren Herzen...
auch in Deinem
Herzen?
Und ich hoffe,
- auch - sehr, nachdenklich?!?!?!
Alles kann die
Weltherrschaft vernichten,
nur die Liebe
nicht, sie wird immer stärker sein
egal in welchem
Jahrtausend die Menschheit lebt!!!