Die wunderbare
Reise durch die Nacht
Märchenerzählung
von Heine, Helme
München:
Middelhauve Broschur, 1998
ISBN 3 - 7876
- 9528 -1- brosch
Die Bilder aus
dem Büchlein habe ich etwas träumereicher gestaltet *
Nun wünsche
ich euch wie immer,
liebliche
Träumewanderung beim lesen
Ein Blinder kann
plötzlich wieder sehen.
Der Pirat stolziert
auf seinem Holzbein über das Meer.
Ein Fuchs hat
keine Angst mehr vor dem Jäger.
Und
wer vom Kirchturm
fällt, bricht sich nicht den Hals.
Aus diesem Paradies
von Schlaf und Traum
kehren des Morgens
alle wieder wohlbehalten zurück;
die Reise in
den Tag beginnt.
Jeden Abend gehst
du auf eine wunderbare Reise.
Ohne Koffer,
ohne Ausweis, ohne Geld.
Zum Aufbruch gibst
du das geheime Zeichen.
Du gähnst
hinter vorgehaltener Hand.
Sofort steht Schlaf
vor dir mit seiner Mondlaterne
und macht dir
deine Augenlider schwer.
Du kannst dagegen
ankämpfen, über Tisch und Sofa springen,
über Hunger
und Durst klagen
und dir drei
lange Geschichten erzählen lassen.
Von einem rosa
Lämmchen, über den Löwen, dem Elefanten,
am Ende fallen
dir doch die Augen zu,
egal wie groß,
wie stark
oder wie alt
du bist.
Auch die Tiere
gehen auf die Reise, zahme und wilde,
große und
kleine.
Sie gähnen
laut. Manche zerren an ihren Ketten
oder rütteln
an ihren Gitterstäben,
bis Schlaf kommt
und sie befreit.
Die Fische tauchen
auf aus ihrem Meeren,
Flüssen
und Seen, sogar aus dem Aquarien kommen sie.


Alle folgen Schlaf.
Mit geschlossenen
Augen ziehst du durch die schwarze Nacht.
Öffnest du
sie oder blinzelst heimlich,
musst du die
Reise von vorne beginnen.
Hab keine Angst,
wenn du dich verläufst.
Schlaf passt
auf dich auf und zeigt dir den Weg.
Er führt
dich solange durch die Nacht,
bis du nicht
mehr weißt, wo du bist und wie du heißt.
Erst dann ruft
er seine Schwester, Traum.
Sie vertreibt
die Dunkelheit
und entführt
dich ins Paradies der Träume.
Du kannst es mit
deinem Herzen sehen.
Wenn du einen
Piraten triffst,
der mit seinem
Holzbein über das Meer spaziert,
und ein Blinder
beobachtet euch beide –
dann bist du im
Paradies.
Wenn du einen
Fuchs
siehst, der dir
winkt
und keine Angst
vor dem Jäger
hat,
dann bist du im
Paradies.
Wenn die Welt
wie gemalt ausschaut –
dann bist du
im Paradies.
Und wenn du vom
Kirchturm fällst,
ohne dir den
Hals zu brechen –
dann bist du auch
im Paradies.
Schlaf und Traum
begleiten und
beschützen dich
die ganze Nacht.
Erst der Wecker
am nächsten Morgen
vertreibt dich
aus dem Paradies.
Die Reise in einen neuen Tag beginnt.
